Kaninchen – Zähne

„Mein Kaninchen isst nicht mehr richtig und hat Schwierigkeiten beim Kauen“.

Dies ist ein Vorbericht, den wir in unserer Praxis oft zu hören bekommen. Die häufigste Ursache sind Zahnprobleme beziehungsweise Zahnfehlstellungen, die oftmals zu spät erkannt werden.

Kaninchen und all die anderen Heimtierarten sollten nicht aufgrund ihres geringen Anschaffungspreises als Patienten zweiter Klasse gelten oder nach dem Motto „für die Behandlungskosten bekomme ich ja 3 neue Kaninchen“ behandelt werden.

All die kleinen Heimtiere leiden still und oft werden Erkrankungen von außen erst sehr spät sichtbar für den Besitzer, daher ist es wichtig, dass Sie als Halter bereits bei geringsten Anzeichen einer Erkrankung reagieren. Einer der wichtigsten Indikatoren dabei ist ein chronischer Gewichtsverlust, weshalb bei den kleinen Heimtieren eine regelmäßige Gewichtskontrolle auf einer handelsüblichen Küchenwaage einmal wöchentlich empfohlen wird.

Eine arttypische Besonderheit bei Kaninchen und Meerschweinchen ist das lebenslängliche Wachstum der Zähne. Das Zahnwachstum ist erheblich: Pro Woche wachsen die Zähne beim Kaninchen circa 2-3 mm. In der Natur wird durch die ständige Aufnahme von Gräsern dem entgegengewirkt, so dass ein Gleichgewicht zwischen Wachstum und Abnutzung entsteht. Behindern aber eine Zahnfehlstellung oder falsch zusammengesetztes Futter die richtige Abnutzung und es entsteht ein Missverhältnis zwischen Zahnwachstum und – abrieb, so kommt es zu schwerwiegenden Problemen durch Zahnüberwachstum und Spitzenbildung, welche sich in die Maulschleimhaut bohren und sehr schmerzhaft sind. Die Tiere können aufgrund von Schmerzen nicht mehr richtig kauen, speicheln, bevorzugen weiches Futter und spucken unzerkautes Futter aus. Im Endstadium einer solchen Erkrankung verhungern die Tiere quasi vor dem vollen Napf! Deshalb sollte bei Feststellen einer Kaustörung unverzüglich eine tierärztliche Untersuchung erfolgen! Die Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung und ein Überleben der Tiere schwinden mit jedem Tag an dem das Kaninchen nicht richtig frisst, da die Tiere einen sehr empfindlichen Verdauungstrakt haben.

Ursachen von Zahnproblemen:

Wie bereits oben erwähnt sind Ernährungsfehler eine der Hauptursachen. Gerne beraten wir Sie zur sachgerechten Ernährung Ihres Heimtiers. Eine weitere Rolle spielen genetische Faktoren. Leider sind Kaninchen mit sehr kurzem, großen Kopf, welche dem sogenannten „Kindchen-Schema“  entsprechen, heutzutage sehr beliebt. Allerdings ist dieser Typus prädestiniert für Zahnprobleme, da die Anordnung der Schneide- und Backenzähne bei dieser Kopfform dazu führt, dass der Abrieb nicht gleichmäßig erfolgt.

Symptome bei Zahnerkrankungen:

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass alle Veränderungen sowohl der Schneide- als auch der Backenzähne zu starken Schmerzen beim Kauen führen und damit zu einer reduzierten Futteraufnahme. Dies fällt üblicherweise den Besitzern erst sehr spät auf, da sich die Tiere zu Beginn der Erkrankung häufig regelrecht auf das angebotene Futter stürzen, aber wenn überhaupt nur noch einzelne bevorzugt weiche Bestandteile aufnehmen. Die deutlich reduzierte Nahrungszufuhr führt zu einer weiteren Verschlechterung der Zahnsituation durch den fehlenden Abrieb. Oftmals kann der Besitzer durch vermehrtes Speicheln feuchtes Fell und entzündliche Hautstellen im Kinnbereich feststellen. Auch kleinere Kotköttel und möglicherweise Durchfall könne auf ein Zahnproblem hindeuten. Durch Druck von Zahnwurzeln auf den Tränennasenkanal kann auch zumeist einseitiger Augenausfluss entstehen.

Diagnose und Therapie von Zahnerkrankungen:

Bei der Untersuchung durch den Tierarzt werden die Zahnlänge und – stellung kontrolliert und auf Veränderungen der Maulschleimhaut und Ansammlung von Eiter etc. geachtet. Der Kiefer wird nach Schwellungen und Schmerzhaftigkeit abgetastet und es wird auf Augenausfluss geachtet.

Je nach Zustand des Patienten und dem Ausgang der Voruntersuchung erfolgt eine eingehende Untersuchung der Zähne in einer kurzen Gasnarkose. Meist werden dabei Röntgenbilder erstellt, um einen genauen Befund erheben zu können.

Zu lange Schneidezähne werden mittels einer Diamant-Trennscheibe gekürzt. Die Behandlung der fehlgewachsenen Zähen darf keinesfalls durch Abkneifen erfolgen, da dies zu gefährlichen Zahnsplitterungen mit nachfolgenden Wurzelvereiterungen führen kann, außerdem ist das Zahnabkneifen sehr schmerzhaft für die Tiere. Backenzähne werden mit Hilfe rotierender Instrumente auf die richtige Länge geschliffen.

Sind Wurzeln vereitert so ist es in der Regel nötig, den entsprechenden Zahn zu ziehen und das Tier mit einem Antibiotikum zu versorgen. Bei allen Entzündungen erhalten die Patienten Schmerzmittel und müssen meist zwangsernährt werden für die ersten Tage.

Gesagt werden muss allerdings, dass die Behandlung von Zahnerkrankungen oft langwierig, kostenintensiv und vor allem bei Abszessen der Zahnwurzeln nicht immer von Erfolg gekrönt ist.

„Einfache“ Fehlstellungen müssen üblicherweise alle 4 -8 Wochen korrigiert werden.